Auf der Suche nach dem Song des Lebens

Ein paar einleitende Gedanken zum Titel des Konzerts vorweg: Lange musste ich nachdenken, woran mich diese fast provokant wirkende Zeile erinnert – und dann kam es: Das Lied „Tribute“, der US-Band „Tenacious D“, beginnt mit der Zeile „This is the greatest and best song in the world“. Die „Kings of Rock“, um Schauspieler und Sänger Jack Black, geben also für den heutigen Abend die Marschroute vor. Würden Adrian Stieglitz und Martin Röder beim Sommerkonzert 2023 so abliefern, wie die Grammy Award-Gewinner Kyle Gass und Jack Black? Spoiler: Haben sie – und mit ihnen 400 grandiose Musikerinnen und Musiker des Schiller-Gymnasiums Hof.

Bunt ging es zu, nicht nur beim von Ruth Grzesiak und Kayra Yigit (beide 10Pa) gestalteten Programm-Cover, sondern auch beim Einlass. Der Volksfestplatz wegen des Aufbaus ebendiesem vollständig gesperrt, ließ die Besucherinnen und Besucher weiter weg parken und bereits zur Öffnung um 18:30Uhr in Scharen einströmen. Und nach nicht einmal zehn Minuten, vielleicht kamen manche auch vom Hauptbahnhof, war die Große Freiheitshalle Hof quasi voll. Ohne Übertreibung darf die Zuschauerzahl auf knapp 2000 geschätzt werden. Viel los also, obwohl noch nichts los war. Doch das sollte sich um 19 Uhr schlagartig ändern.

Es erhob sich die Bläserklasse der 5. Jahrgangsstufe, in Zusammenarbeit mit den Hofer Symphonikern und entzündete das musikalische Feuer mit Paul Lavenders „Dragonfire“. Während manche Musiker ein Leben lang darauf warten, vor ausverkauften Hallen zu spielen, dürfen unsere Jungschülerinnen und -schüler der Bläserklasse dies gleich bei ihrem ersten Jahresabschlusskonzert genießen. Und so legen sie, ohne auch nur ein einziges Instrument unrhythmisch klappern zu lassen, mit „Rattlesnake!“ nach. Der erste lange Applaus des Abends war gehörte ihnen.

Mit einem Drachen ging es dann auch gleich weiter, denn nach dem „As it was“ von Superstar Harry Styles, unterstützt durch das Ensemble „Röschpekt!“, sangen die Schülerinnen und Schüler des Chors der 5. und 6. Jahrgangsstufe „Nessaja“ aus Peter Maffays Hit-Musical „Tabaluga“. Feurig war daraufhin auch der Applaus, der den jungen Sängerinnen und Sängern aus den Hängen der Freiheitshalle entgegenbrandete. Bei so schönen Stimmen möchte man doch nie erwachsen sein.

Im Rampenlicht jetzt: „Ui“ Pichelmeyer und Lisa Schenker (bei Q12), die bei ihrem „letzten Sommerkonzert am Schiller“ als frisch gebackene Abiturientin und Abiturient informativ und unterhaltsam durchs Programm führten.

Ein Jahr mehr im Blechblas-Korpus haben bereits die Schülerinnen und Schüler der Bläserklasse der 6. Jahrgangsstufe in Kooperation mit den Hofer Symphonikern. Sie erzählten musikalisch „A Sailors Adventure“ und stimmten dann Quincy Jones „Soul Bossa Nova“ an. Eine schwungvoll-rhythmische Übergabe des Staffelstabs an die nächsten Interpretinnen und Interpreten.

Der Chor der 7. und 8. Jahrgangsstufe betritt die Bühne, doch anstatt Roger Miller ist es Martin Röder, der die Gitarre zu „King of the Road“ assistiert. Das ist sie, die neue Handschrift der Schiller-Konzerten seit Ankunft unseres Herrn Röder. Frischer Wind, der mit entsprechendem Applaus gewürdigt wird. Ein Chor, der anderen verbietet zu sprechen – nur auf einem Schulkonzert denkbar: „Don’t speak“ von Gwen und Eric Stefani markierte ein weiteres Glanzlicht bis dahin – no doubt!

Glanzlichter hat er schon viele gesetzt: Benjamin Sebald. Blechblas-Koryphäe und musikalische Dauerbrenner-Powermaschine der Hofer Symphoniker und des Schiller-Gymnasiums, agierte an diesem Abend keineswegs wie ein zahnloser Tiger. Schwungvoll in Anzugsschuhen, dirigierte er auf dem Podest des Chefdirigenten das Jugendblasorchester Hof in Zusammenarbeit mit den Hofer Symphonikern mit „These Boots are made for walking“. Und nach dem Lee-Hazlewood-Gassenhauer, füllten dann die Blechblasinstrumente den Innenraum so kraftvoll, wie es „The Phantom oft he Opera“ von Andrew Lloyd Webber auch verdient. Bei blauem Bühnenlicht gab es dann zum Abschluss noch „The Best of Green Day“ und so einsam war die Straße heute Abend nicht, die das JBO beschritt – denn es waren 2000 Fans mit dabei.

Die Legende vom kleinen, engen Raum, in dem man sie zum Proben verbannt, ist wohl dem Namen geschuldet: Das Kammermusikensemble, im zweiten Jahr an unserer Schule beim Sommerkonzert mit am Start, spielte eine Hommage an die Hauptstadt Paraguays: „Asunción“, ein südamerikanischer Tango, wurde so wiedergegeben, dass man, hätte man die Augen geschlossen, sich in der Stadt hätte wiederfinden können. Ein großer musikalischer Dank an Amelie Walter (10b, Violine), Lisette Beck (9a, Violine), Liesbeth Stengel (Q11, Akkordeon), Samuel Hintz (10a, Violoncello) und Martin Röder (Kontrabass) verrieten nur durch ihre fehlenden Spanischkenntnisse, dass es sich bei ihnen nicht um eine Profiband aus Südamerika handelt.

Vom „Kontinent des Kondors“ ging es dann, dank des Schulorchesters, zurück mit einem DeLorean, inklusive Flux-Kompensator, in die Hofer Freiheitshalle: „Back to the future“ stand auf dem Programm. Und anschließend wuchs dann das Pathos der Veranstaltung mit dem Welthit „Chariots of fire“, von Vangelis. Das Publikum war bereit für diese Darbietung, das hätte auch Marty McFly eingesehen.

Sommerabend, Sommerkonzert, Sommergefühle, „Season of love“. Der Chor der 9. bis 12. Jahrgangsstufe bündelte die Emotionen im Saal, Amelie Hager (Q12) begleitete dabei gekonnt am Klavier. Zu betonen: Die eingestreuten Solostimmen von Kayra Yigit, Amélie Jahn, Johanna Ehrlich und Lusia Galoyan. Vom falschen Komparativ konnte man beim nächsten Stück ausgehen: „Sing“. Doch war es das Englische, das hinter dem Lied von Joe Raposo steckt. Von einer Angst vor ungewohnten Silben war hier nichts zu spüren. Kennt man, ebenso wie das Stück der aktuell erfolgreichsten Band der Welt: Coldplay. „Viva la vida“ ist der Titel – und lieber das, als „death to all his friends“. Für diese Darbietung  wäre auch Gwyneth Paltrow geblieben.

Über das sich anschließende Ensemble branden immer mehr Diskussionen auf. Nicht wegen deren gesanglicher Qualitäten, die nach wie vor herausragend sind, nein, es geht um den Namen. Von einigen als „Nostalgie vergangener Zeiten“ betitelt, halten andere aus Respekt vor der Gründerin des Ensembles daran fest. Es geht um das Ensemble „Röschpekt“. Doch bevor an dieser Stelle ein Wettbewerb für neue Namen eingeleitet wird (seriöse Vorschläge bitte +++HIER+++ per Mail einreichen), zurück zum Künstlerischen: Michael Bublé, der sympathische Künstler aus Kanada, lädt bei all seinen Konzerten zu einem bestimmten Zeitpunkt immer Leute aus dem Publikum ein, um mit ihm auf der Bühne zu singen. Die Mitglieder von „Röschpekt!“ zeigen an diesem Abend wieder, dass sie alle diese musikalische Feuertaufe locker bestehen würden…hat Bublé doch auch nur maximal so viele Zuhörerinnen und Zuhörer, wie sie auch bei einem Schiller-Sommerkonzert anwesend sind. Würde er bestimmt auch so sehen. Aber er „Haven’t met you yet“, also „Them“. Es wäre also vielleicht einmal an der Zeit über „Special Guests“ bei unseren Konzerten nachzudenken. Auf jeden Fall war das Vokalensemble wieder „The greatest show“ für die Dauer ihres Auftritts. Und bei aller Nostalgie, weht auch durch das Ensemble ein spürbar frischer Wind. Egal ob zu Jackson oder Bublé. Hört auf euer frenetisch applaudierendes Publikum.

Und dann geschieht etwas Unerwartetes: Die Schulleiterin, Dr. Anke Emminger, greift zum Mikrofon. „Dies ist der Rahmen, um noch etwas loszuwerden“, beginnt sie mit merklich brüchiger Stimme. „Am Ende des Schuljahres wird uns überraschend meine Stellvertreterin, Frau Jenkis, verlassen.“ Der Applaus, den sie für diese erbittet, fällt tosend aus. Die Schülerinnen und Schüler zollen ihr den Respekt mit stehenden Ovationen. She did it her way! Danke und alles Gute für die Zukunft.

Trotz fortgeschrittener Dauer wünscht man sich auch zum jetzigen Zeitpunkt keinen „Sound of Silence“ oder „One Moment in Time“ Alle Zuhörerinnen und Zuhörer sind mittlerweile an den Rand ihrer Sitze nach vorne gerutscht, getragen von der Musik des Abends. Und das Symphonische Blasorchester Hof in Zusammenarbeit mit den Hofer Symphonikern betritt nun die Bühne. Im Gepäck drei echte Welthits: „The Sound of Silence“, von Paul Simon, jedoch interpretiert in der Version von „Disturbed“, „One Moment in Time”, aus der Feder von Albert Hammond und John Bettis, performt von Whitney Houston und abschließend das „Bon Jovi – Rock Mix“, eben von Jon Bon Jovi und Richie Sambora. Es ist unser größtes Ensemble und egal wo, egal mit welchem Vorlauf, egal ob pandemisch eingeschränkt oder künstlerisch frei entfaltet, das Niveau ist so unbeschreiblich, die Darbietung so präzise und gefühlvoll, kraftvoll und zart, dass man die Künstlerinnen und Künstler mit gezogenem Hut „Musikerinnen und Musiker“ nennen kann. Auf höchstem Niveau. Und eigentlich sind es Schülerinnen und Schüler. So wie du und ich…es einmal waren, aber irgendwie anders. Chapeau!

Was könnte man nun alles über die bloße Zahl an Künstlerinnen und Künstler sagen, die beim letzten Stück des Abends die Bühne betreten? 400. Fast das zehnfache des „Sinn des Lebens“ (42) – und in diesem Auftritt liegt so viel Sinn: Jede Schülerin, jeder Schüler, die/der in diesem Moment auf der Bühne steht, kann sich die Frage beantworten, warum er auf dem Schiller-Gymnasium ist, die Lehrkräfte wissen in diesem Moment, warum wir die für uns tollsten Schülerinnen und Schüler haben, die Eltern wissen, wofür sich Fahrten, Lerneinheiten und der ein oder andere Generationenstreit dann doch so lohnen. Denn unterm Strich gilt doch: „Always look on the bright side of life”!

Danke an den musikalischen „Flying Circus“ des Schiller-Gymnasiums: Slawek Dudar, Ji Eun Kim, Elisabeth Nußrainer, Benjamin Sebald, Rainer Streit sowie die „Kings of Rock“ Martin Röder und Adrian Stieglitz. This was the greatest Sommerkonzert.

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