„Lasst euch nicht vorschreiben, wen ihr zu lieben und zu hassen habt.“

Am Donnerstag, den 30. Januar 2025, nahm die Klasse 11c des Schiller-Gymnasiums an einem Online-Zeitzeugengespräch mit Frau Dr. Charlotte Knobloch teil. Die Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung fand anlässlich des Internationalen Gedenktages an die Opfer des Holocaust und des 80. Jahrestages der Befreiung des KZ Auschwitz statt.

Vor mehr als 4.000 Schülerinnen und Schülern aus ganz Deutschland berichtete Charlotte Knobloch eindrucksvoll von ihren Erlebnissen während der NS-Zeit. Sie schilderte, wie sie als Kind zunehmend ausgegrenzt wurde – zunächst durch Einschränkungen wie den verwehrten Musikunterricht, später durch offene Feindseligkeiten. Ein Junge, der sie zuvor freundlich gegrüßt hatte, spuckte sie plötzlich an. Mit den Nürnberger Gesetzen sei die Lage für Jüdinnen und Juden noch dramatischer geworden. „Dadurch wurden wir zum Freiwild. Es gab jeden Tag neue Schreckensmeldungen“, erinnerte sich Charlotte Knobloch.

Um sie zu retten, brachte ihre Großmutter sie bei einer katholischen Bauernfamilie in Mittelfranken unter. Dort lebte sie unter falschem Namen und wurde als uneheliche katholische Bauerntochter ausgegeben. Für ihre Retterin – eine fromme Katholikin – stellte die Situation eine enorme Belastung dar. Sie vertraute sich dem örtlichen Pfarrer an, der ihr schließlich dabei half, das Mädchen versteckt zu halten. Besonders eindrücklich erinnert sich Charlotte Knobloch an eine Situation gegen Kriegsende, als das Gerücht aufkam, das Dorf sei von Nationalsozialisten besetzt worden. Der Pfarrer brachte sie damals in den unterirdischen Gängen eines alten Schlosses in Sicherheit, wo bereits mehrere polnische Zwangsarbeiter versteckt gehalten wurden. „Es gab gute Menschen, die ihr Leben riskiert haben, um mich zu retten“, sagt die Zeitzeugin heute.

Nach dem Krieg kehrte sie nach München zurück und erlebte, dass viele frühere Nachbarn plötzlich freundlich waren – oft jedoch nur aus Eigeninteresse, um sich mit einem entlastenden Schriftstück der Entnazifizierung zu entziehen. Nur wenige hätten ehrlich bereut.

Besorgt blickt Charlotte Knobloch heute auf den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland. „Es ist nicht angenehm, wieder in einem Bereich zu leben, in dem Jüdinnen und Juden als Minderheit behandelt werden“, sagte sie. „Das sind nicht die Themen, die ich mir vorgestellt habe. Aber Antisemitismus gab es immer und wird es immer geben.“ Mit Nachdruck rief sie die jungen Zuhörerinnen und Zuhörer dazu auf, sich aktiv für Demokratie einzusetzen: „Für mich ist es sehr, sehr wichtig, dass sich junge Menschen mit der Demokratie beschäftigen und verstehen, wie wichtig sie ist. Die jungen Menschen sind aufgeschlossen und gebildet. Ich glaube an sie. Deshalb sage ich euch: Lasst euch nicht sagen, wen ihr zu lieben und zu hassen habt.“

Ihr eindringlicher Appell regte die Teilnehmenden zum Nachdenken an. Die Geschichte von Frau Dr. Knobloch zeigt, warum Erinnerung, historische Verantwortung und das Eintreten für demokratische Werte für die Bewahrung unserer Demokratie unerlässlich sind.

Hildenbrand

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