Am Donnerstag, den 6. Februar 2025, nahmen die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 12 G9 des Schiller-Gymnasiums in Hof im Fach Politik und Gesellschaft an einem digitalen Planspiel zur Gesetzgebung der Europäischen Union teil. Das virtuelle Rollenspiel, entwickelt vom Europäischen Parlament, ermöglichte es den Teilnehmenden, die Entscheidungsprozesse der EU praxisnah kennenzulernen und interaktiv zu erleben.
Im Fokus des Planspiels stand das Politikfeld Umweltschutz. Die Aufgabe der Schülerinnen und Schüler bestand darin, über die von der Kommission vorgeschlagene Einführung einer Lebensmittelkennzeichnung abzustimmen, die den CO₂-Fußabdruck von Lebensmitteln angibt. Ziel dieser Kennzeichnung war es, Verbraucherinnen und Verbrauchern eine informierte und umweltbewusste Kaufentscheidung zu ermöglichen.
Die Teilnehmenden schlüpften in die Rollen von Parlamentsabgeordneten, vertraten jeweils ein EU-Mitgliedsland und waren vier fiktiven Fraktionen zugeordnet: der Fraktion Solidarität, der Fraktion Freiheit, der Fraktion Umweltschutz und der Fraktion Tradition. Anhand politischer Manifeste, die die Ziele und Überzeugungen ihrer jeweiligen Fraktion vorgaben, entschieden sie, welche Änderungsanträge unterstützt werden sollten. Dieser Prozess ermöglichte es ihnen, die Zuständigkeiten und Mitwirkungsmöglichkeiten der EU-Organe nachzuvollziehen.
Unter der Spielleitung von Frau Bischoff durchliefen die Schülerinnen und Schüler die einzelnen Phasen des Planspiels. Ein besonderer Vorteil des digitalen Formats war der im Vergleich zu konventionellen Planspielen geringe Papierverbrauch. Die Teilnehmenden konnten alle Spielmaterialien über die Webseite des EU-Parlaments abrufen. Auch die Zuteilung der Rollen und die Abstimmungen im Plenum erfolgten über das Webtool.
Die Schülerinnen und Schüler erhielten wertvolle Einblicke in die europäische Gesetzgebung und erlebten hautnah, wie knapp die Redezeiten in parlamentarischen Debatten bemessen sind. Kontroverse Diskussionen entwickelten sich insbesondere zwischen den Fraktionen Umweltschutz und Tradition. Zwischenrufe aus dem Plenum und hitzige argumentative Auseinandersetzungen sorgten für die Atmosphäre einer lebendigen Parlamentsdebatte. Auch innerhalb der Fraktionen entwickelten sich intensive Debatten, beispielsweise über die Parteilinie bei anstehenden Abstimmungen über Änderungsanträge.
Letztendlich wurde der Gesetzesentwurf der Kommission angenommen – allerdings mit erheblichen Änderungen, die auf die Standpunkte des Parlaments und des Rates der EU zurückzuführen sind. So sollten traditionelle Lebensmittel und regionale Spezialitäten von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen werden, und für Erzeugnisse aus Familienbetrieben sollten Sonderregelungen gelten. Eine allgemeine Kennzeichnungspflicht wurde somit nicht eingeführt. Dies war eine bittere Niederlage für die europäischen Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten, während der Verband der Fleisch- und Milcherzeuger, die Landwirte und der Bund der umweltbewussten europäischen Verbraucher die Entscheidung als Erfolg verbuchten.
Das interaktive Format bot den Schülerinnen und Schülern nicht nur die Gelegenheit, im Unterricht erworbenes Grundlagenwissen zu vertiefen und praktisch anzuwenden, sondern auch, den intensiven politischen Austausch und die Dynamik und Komplexität des „Machtdreiecks“ in der EU-Gesetzgebung hautnah zu erleben.
Bischoff, Becker und Hildenbrand