Von wegen "Livin' on a prayer"

Viele Phrasen beschreiben, was hier ausgedrückt werden soll: „Knappe Kiste“, „In letzter Sekunde“, oder, um im Schuljargon zu bleiben, „Mit dem Gongschlag“. Der Abiturjahrgang 2023/2025 wurde bei seiner Verabschiedung in Vielerlei Hinsicht und von allen Seiten für „Speziell“ erklärt – und das im besten Sinne der vielen, vielen Worte, die bei der Verabschiedung gesprochen wurden. Zweieinhalb Stunden für einen der kleinsten Jahrgänge, nämlich den der „Mittelstufe Plus“, die in 100-Jahren-Schillerabitur (erste Spezialität, Jubiläum 2025) je verabschiedet wurden. Und das lag nicht an der diesjährigen Kooperation mit der Freien Waldorfschule Hof, die vier Abiturientinnen zur Ablegung der Hochschulreife geschickt hatten, sowie einen externen Prüfling, der aus (meine beachtlichste Spezialität) persönlicher Motivation, trotz bestandenem Fachabitur und Studientätigkeit, noch die Allgemeine Bayerische Hochschulreife erwerben wollte.

Neben den 72 Abiturientinnen und Abiturienten, wie gesagt einem der kleinsten Jahrgänge durch die Mittelstufe Plus – denn, so sagen Quellen, Bayern wusste bereits 2004, dass die einzig wahre Abiturform die nach neun Jahren ist – hatten sich eine Rekordzahl an Ehrengästen in der Hofer Bürgergesellschaft (auch speziell, sonst ja Freiheitshalle) eingefunden: Hofs Oberbürgermeisterin Eva Döhla, der Hofer Landrat und Schiller-Alumni, Dr. Oliver Bär, die Vertreter der Absolvia Hof, Schiller-Schulleiter a.D. Rainer Schmidt und, in tragenden Rollen, Dr. Anke Emminger, die Schulleiterin des Schiller-Gymnasiums, Dr. Manfred Auer, der Leiter der Freien Waldorfschule Hof sowie die Stufenbetreuer Heiko Jarck (FW) und Bastian Burghardt (Schiller-Gymnasium).

„Glückwunsch“, „euer Tag“, „etwas Besonderes“, „Heimat“ – die Laudatorinnen und Laudatoren zeigten sehr viel Energie, Pathos und Ehrlichkeit in ihren Reden. Emotionen schwangen ebenso mit wie die tiefe Hoffnung, dass diese jungen Erwachsenen ein Leben vor sich haben, in dem sie in dem was sie tun Zufriedenheit und Erfüllung finden, gleichzeitig in diesen schwierigen Zeiten aber auch etwas bewegen können.

„Junge Erwachsene“. Auch die Jahrgangsstufensprecherin Ruth Gresiak und der Jahrgangsstufensprecher Maxim Ebel hielten eine Rede. Nun gab es bis zuletzt unterschiedliche Deutungen der Fähigkeiten des Abiturjahrgangs. Landrat Dr. Oliver Bär sprach ihnen in seiner Rede zum Beispiel „Engagement“ und „Leistungsbereitschaft“ zu. Woher nimmt er diese Insiderinformationen? Doch Spaß beiseite: Die Rede von Ruth und Maxim zeigte etwas, was den Jahrgang – und das war mein schönster Moment des Tages – plötzlich in einem ganz anderen Licht erschienen ließ: Sie stellten sich die Frage des „Wann ist man eigentlich erwachsen?“, reflektierten ihre eigenen Entwicklung, sprachen über Vorbilder, verwendeten Fachbegriffe im richtigen Kontext, übten Selbstkritik und zeigten sich dankbar. Ehrlich dankbar. Gegenüber ihren Mitschülerinnen und Mitschülern, ihren Familien, der Schulfamilie des Schiller-Gymnasiums – und es machte den Anschein, nach Jahren der Corona-Pubertät, der 8-b-Eskapaden, der Entschuldigungsflut, die auch das Technische Hilfswerk nicht bändigen konnte, dass hier nun junge Erwachsene mit einer gewissen Reife auf der Bühne stehen. 

Alles Gute für die Zukunft, vergesst eure Heimat nicht. Denn die ist dort, wo die Erinnerung ist. Und davon gibt es in eurer Schulzeit zahlreiche.

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