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Begabtenförderung Fahrten

Nur 100 km bis Klein Brüssel

Die Begabtenseminare knüpfen nach der Pandemie an eine bewährte Tradition unserer Schule an: Das Planspiel EU auf Kloster Banz.

Von Christian Hager

Die anderen Schüler schauen sehnsüchtig aus den Fenstern des Schiller-Gymnasiums. „Warum haben die eigentlich schon wieder drei Tage frei?“, fragt sich der Eine oder Andere bestimmt. Das dreitägige Begabtenseminar auf Kloster Banz bedeutet zwar tatsächlich keinen Schulunterricht. Arbeit und Lernstoff wird es trotzdem reichlich geben.

Nachdem sich die Bustüre geschlossen hat, geht es auch schon los in Richtung Banz bei Bad Staffelstein, das ja bereits seit einigen Jahren ein Austragungsort der Begabtenseminare des Schiller ist. Und so ist es auch dieses Jahr wieder, und zwar mit dem Thema „Planspiel EU“. Das klingt erstmal ziemlich seltsam, oder? Es geht hierbei um nichts anderes, als etwas über den Ablauf der Gesetzgebung innerhalb der EU herauszufinden und dann im Anschluss das Ganze, auch durch das Hineinschlüpfen in bestimmte Rollen, selbst zu erleben.

Schnell kristallisiert sich das erste Problem heraus: irgendwie ist das Meinungsbild aller Parteien einfach nicht miteinander zu vereinen. Der Eine will das, der Andere jenes. Doch was ist die gemeinsame Lösung? In Vielfalt vereint mag zwar ein löbliches Motto auf dem Papier sein, doch wie genau soll das mit dem knallharten Aufeinandertreffen der einzelnen Interessen zusammenpassen? Es müssen Kompromisse gefunden werden, aber auch vom eigenen Stand abweichende Meinungen argumentativ zerrupft werden. Schließlich kann nur einer am Schluss die Mehrheit hinter sich vereinen und genau das wollen alle erreichen.

Unsere Aufgabe war es die europaweit höchst unterschiedliche Recycling-Quote zu behandeln. Geht da nicht mehr? Oder überfordern wir dann die wirtschaftlich schwächeren? Oder ist es gar anmaßend, sich hier auch noch in die Marktwirtschaft einzumischen? Von etlichen Fraktions- und Ausschusssitzungen, über die dazugehörige Prise bürokratischen Nonsens und etlichen Anfeindungen wie „Planwirtschaftler“ bis hin zu – qua zugeteilter Rolle – beinahe schon auffallend rechten Reden, war hier alles in kurzer Zeit geboten. Koalitionen bildeten sich, zerfielen wieder und (parlamentarischer) Streit über jeden einzelnen Punkt des Gesetzentwurfs sorgten noch zusätzlich dafür, dass es nicht schwer war sich vorzustellen, man sei selbst Abgeordneter im größten und einflussreichsten Parlament der EU.

Doch auch unabhängig vom Programm war einiges geboten, auch wenn bei den Essenszeiten die diplomatische Immunität nicht immer gewahrt blieb und häufig noch weiter über Entscheidungen diskutiert wurde, gab es doch Abwechslung in der Möglichkeit zur Freizeitbeschäftigung. Leider waren dieses Jahr die Freizeiteinrichtungen des ehemaligen Klosters geschlossen; wie zum Beispiel das Schwimmbad und die Kegelbahn. Trotzdem kam die Möglichkeit, sich die Kirche, das Museum oder einfach die prächtig gestalteten Räume des Gebäudes anzuschauen, nicht zu kurz.

Ganz im Sinne des korruptionsfreien Abgeordneten Alltags gab es das eine oder andere Pokerspiel in einem Hinterzimmer (natürlich ohne Geld), verschiedenste kleine Spiele oder eine Runde Wahrheit oder Pflicht. Wer sich mit den zwei betreuenden Lehrern Frau Münzer und Herrn Schumann gerne unterhalten wollte, konnte natürlich auch das tun, Herrn Schumann in den darstellenden Künsten herausfordern und sich über das unwahrscheinliche Würfelglück Frau Münzers beim Kniffel aufregen. Ihr seht also: der Alltag eines Abgeordneten besteht nicht nur aus sinnlos wirkenden Diskussionen und dem Abarbeiten von endlosen Papierstapeln, sondern, zu mindestens auf Kloster Banz, auch aus einer ganzen Menge Spiel und Spaß.

Am letzten Tag der dreitägigen Reise blieb noch Zeit, endgültig über den Gesetzesbeschluss abzustimmen und die Diskussionsfähigkeit im Wettstreit zu diversen Streitfragen zu vertiefen. Im Anschluss, mit einem Mittagessen gestärkt sowie neugewonnenen Erfahrungen und tollen Erlebnissen, ging es jetzt wieder zurück nach Hof. Man könnte sagen, die, zugegeben recht kurze Amtszeit als Abgeordneter, ist bereits wieder vorüber. Aber man darf schließlich die Basis nicht aus dem Blick verlieren.

Wir bedanken uns sehr herzlich für die finanzielle Unterstützung durch die Dienststelle des Ministerialbeauftragten für Oberfranken, die Hanns-Seidel-Stiftung sowie die Schulgemeinde des Schiller-Gymnasiums.

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